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.Während die Chefin ihr einen Lockenwickler nach dem anderen aus den Haaren zog, murmelte die alte Frau vor sich hin.Was sie sagte, war nicht zu verstehen.Immer wieder ging es um eine Maria und darum, dass wir uns wundern würden am Tag der Wiederkehr oder Wiederauferstehung, aufpassen müssten wir alle, wir Sünder, schamma sollts eich, Teifi no amoi, ein gewisser Hartl besonders.»Die kommn a alle in d’ Hölle, wanns ned aufpassn duan«, diesen Satz wiederholte sie mehrmals, mit zitternd erhobenem Zeigefinger.Ich sah den Massigen fragend an.Er zwinkerte mir zu, tippte sich an die Stirn.»Sie meint den Tauchlehrer, glaub ich.Was der verbrochen haben soll, kann ich dir ned sagen.Der ist in Ordnung.Und seine Schwester auch.Auch wenn manche ihre Ideen mit dem Tourismus a bissl spinnert finden.A Kuh-Adoption, mei.«»Is scho a vareggdes Huhn, die Therese.« Die Chefin war wieder hinter mich getreten, nahm die erste Strähne in Angriff, schnippelte einen Zentimeter ab.Ängstlich und hochkonzentriert verfolgte ich jede ihrer Bewegungen, so konzentriert, dass ich die alte Burgl erst bemerkte, als sie neben mir stand, ihr Gesicht dicht vor meinem.Tiefe Furchen, Rinnen, eine rissige Landschaft.»Madl, du woaßt, wos recht is, gä? Du bringst des in Ordnung, gä?«Das Mädchen bekam sie am Ellenbogen zu fassen, wollte sie wegführen, aber die alte Burgl wehrte sich, schlug mit dürren Ärmchen um sich.Und erwischte die Chefin.»Kruzifixsakrament!«Ich hörte die schnappende Bewegung der Schere, bevor ich das Haarbüschel sah, das zu Boden fiel.Ein großes Büschel glänzend rotbrauner Haare.Meine Haare.5.Im Rückspiegel des Busses schaute ich mir die Frisur noch einmal genau an.Und redete mir ein, dass es nur so schlimm aussah, weil die Chefin versucht hatte, eine Innenrolle zu föhnen.Obwohl die Haare dafür viel zu kurz waren.Und ich Innenrollen sowieso hasste.Aber am Ende hatte ich apathisch in meinem Stuhl gesessen, unfähig, irgendetwas zu fordern oder zu verhindern, ausgeliefert der Friseurin, die immer wieder: »Jo so was, so an Gerempel, die oide Schäsn, die, aber des kriag ma scho, des kriag ma«, gemurmelt hatte.Sie schnippelte resolut, und je eifriger sie schnippelte, desto gesprächiger wurde sie.Das Nail-Art-Geschäft, sagte sie, liefe gerade nicht allzu gut, schnipp schnipp schnipp, des kriag ma scho, die Konkurrenz aus der Kreisstadt sei zu groß, dafür sei ihr die Metzgerei- und besonders die Friseur-Kundschaft seit Jahren treu.Und dies, obwohl sie nie eine Reklame im Schaufenster gehabt habe.Friseursalon dürfe sie sich nicht nennen, und im Gegensatz zu manch anderen hier halte sie sich an die Regeln.Schnipp schnipp schnipp.So a Kurzhaar-Bob steht Eahna aber a guad, gä, schaut des ned bärig aus?Bärig war genau das richtige Wort.Ich hatte es irgendwie geschafft, zu lächeln und meine Zwölffuchzig zu bezahlen.Jetzt, im Auto, versuchte ich vergeblich, mit den Fingern die verkleisterte Innenrolle zu lösen, gab nach einer Weile auf und rief Julia an.»Agentur Lachschmiede, Julia Köhler.« Ihre engelhafte Stimme.»Was kann ich für Sie tun?«Ich brauchte die gesamte Rückfahrt, um ihr alles zu erzählen, und Julia hörte zu, wie sie immer zuhörte, atemlos und staunend, niemals ließ sie sich zu einem mechanischen »Ja« oder zu abwesenden Mmh-mmh-Lauten hinreißen.Männer liebten Julia nicht nur wegen ihrer Elfenhaftigkeit, sie liebten sie wegen ihres samtweichen, aufnahmebereiten Schweigens.Wäre ich ein Mann, hätte ich mich in diesem Moment in sie verliebt.Aber ich war in Mirko verliebt.Und das war die nächste Katastrophe.»Kannst du dir vorstellen, warum er sich mit mir im Traum verabredet und dann kein Wort mehr davon sagt?«»Hast du dich in seinem Traum vielleicht danebenbenommen? Oh mein Gott, Gina, das war nur Spaß!«»Schöner Spaß.« Ich bog auf die Straße zum See ab, versuchte vergeblich, das Bild einer sexuell enthemmten Gina mit Bunny-Ohren loszuwerden.»Warum hast du mich eigentlich seit zwei Tagen nicht mehr angerufen?« Ich hörte selbst, wie vorwurfsvoll ich klang, aber ich konnte nicht anders.Nicht angesichts dieser Innenrolle, die ich beim Einparken zwangsläufig wieder im Rückspiegel sah.Julia seufzte.»Weißt du, das neue Kamasutra-Buch ist endlich gekommen … Es ist so poetisch.«»Poetisch?«»Wir haben gleich den Elefant, der im Morgentau die Lichtung betritt probiert und … wow!«Ich stieg aus, schloss den Bus ab und versuchte verzweifelt, mir das Karöttchen nicht rüsselschwingend auf einer – was war wohl in der Kamasutra-Poesie mit Lichtung gemeint? – vorzustellen.»Im Moment wäre mir der Papagei, der im Abendrot seinen Käfig betritt lieber«, murmelte ich, und Julia seufzte anteilnehmend, riet mir, den Haarschnitt nicht allzu schwer zu nehmen, es gebe doch so tolle Hüte, Kappen oder Tücher, man müsse nur phantasievoll sein.Ich bedankte mich, legte auf und ging ins Haus.»Servus.Halt die Goschn.Servus.Zieh d’ Latschn aus, wannsd reinkimmst, hosd mi? Halt die Goschn.Mistviech.« Picco flatterte aufgeregt vom Wohnzimmer zur Küche und zurück, rastete einen Moment auf einer klobigen Keksdose aus Steingut, die auf dem niedrigen Tischchen stand, zwischen Piccos buntem Spielzeug.Und die ich nie und nimmer dort hingestellt hatte, ich erinnerte mich genau.»Picco! War jemand hier?« Im Haus duftete es frisch, nach Zitrone.Nicht nach Putzmittel, eher nach einem sportlich herben Deo.»Servus.Mistviech! Halt die Goschn!« Auf seiner Keksdose schwadronierte Picco noch eine Weile, mit tiefer, beinahe männlicher Stimme, dann stieß er einen höhnischen Pfeifton aus, flog durch die Diele, riss keckernd Handschuhe aus einer offenen Kommodenschublade in Planquadrat Flur C3, 1f2
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