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.Seit drei Stunden schon waren zwei ihrer Agenten im Zusammenhang mit einem wichtigen Dokument unterwegs in London.Dass bisher noch keiner von ihnen wieder aufgetaucht war, begann sie zu beunruhigen, denn Aufträge wie diese wurden im Allgemeinen rasch erledigt.Hatten die Österreicher Lunte gerochen?In den vergangenen Tagen hatte sich der Verdacht erhärtet, dass in den Reihen der österreichischen Gesandtschaft ein Spion war, der vorhatte, technische Errungenschaften Ihrer Majestät zu rauben.Es ging wohl um die neuen Flugtechnologien, an denen die besten Wissenschaftler des Landes arbeiteten.Die Österreicher waren ein ernst zu nehmender Gegner, was die Entwicklung von Kriegsmaschinen anging.Auf keinen Fall durfte ihnen ein Blick auf die neueste englische Technik gewährt werden.Das plötzliche Rattern des Telegrafen ließ sie zusammenzucken.Ein Unding bei ihr, die als die nervenstärkste Frau des Königreiches bekannt und berüchtigt war.Doch in diesen Tagen erkannte sie sich manchmal selbst nicht.Wenn die Zeiten nur nicht so beunruhigend wären!Während sie zum Ticker ging, der nun begann, unter lautem Schnaufen ein Band mit einer chiffrierten Nachricht auszuspucken, erhaschte sie einen Blick auf ihr Spiegelbild.In ihrer eng geschnürten schwarzen Ledermontur, die einem Pilotenanzug glich, hätte man sie leicht für einen Mann halten können, wäre da nicht ihr runder Busen gewesen.Ein weiteres Attribut ihrer Weiblichkeit waren ihre lockigen Haare, die nachlässig zu einem Zopf gebunden waren.Ein Spitzenkragen und die Spitzenmanschetten ihrer Bluse nahmen dem Anzug die Härte, schließlich wollte Annabelle nun auch nicht ganz und gar wie ein Mann wirken.Mannweib nannten die Frauen der Gesellschaft sie sowieso schon, doch das machte ihr nichts aus.Da sie das Vertrauen der Königin genoss und zudem einer guten Familie entstammte, perlten die spitzfindigen Bemerkungen von ihr ab.Als das Gerät fertig war, entnahm sie den Papierstreifen und machte sich sofort an die Dechiffrierung.Als sie damit fertig war, ließ sie sich auf ihrem Stuhl zurücksinken.Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt, in den nächsten Tagen irgendein gesellschaftliches Ereignis zu besuchen, aber die Nachricht, dass eine ihrer Zielpersonen aus Indien zurückgekehrt war, ließ ihr keine andere Wahl.Sie musste an dem Ball der Adairs teilnehmen.Denn wenn ihr Informant recht hatte, würde das Königshaus schon bald in großer Gefahr schweben.4.KapitelAm Nachmittag vor dem Ball glich Adair House einem Ameisenhaufen, in dem ein vorwitziges Kind mit einem Zweig herumgestochert hatte.Dienstmädchen und angeheuerte Hilfskräfte liefen einander beinahe über den Haufen, während Alfred ein wenig krampfhaft versuchte den Überblick zu behalten.Unten ratterte die Stromburgh-Küchenmaschine beinahe unaufhörlich und zwischendurch so laut, dass sich die geladenen Musiker beschwerten, die dampfbetriebenen Verstärkungsgeräte würden nicht ausreichen, um die unliebsamen Geräusche mit ihrer Musik zu übertönen.Auch Violet ging das ewige Brummen und Knattern auf den Geist.Das also ist gute Wertarbeit ä la Stromburgh, dachte sie spöttisch, und während sie von den Dienstmädchen angekleidet wurde, schielte sie immer wieder zu der Schublade, in der sie ihr Nothandwerkszeug aufbewahrte.Vielleicht könnte sie das kleine Etui unter ihrem Kleid nach unten schmuggeln.Nur ein paar Schrauben anziehen, den Gasdruck regulieren und eine Winde schmieren, dann wäre der Lärm um ein gutes Stück reduziert.Doch wahrscheinlich würde sie, sobald sie sich unten blicken ließe, von ihrer Mutter sogleich in Beschlag genommen werden.Während des Ankleidens und Frisierens ging Violet die Ermahnung ihres Vaters nicht aus dem Kopf.Bisher hatte er so etwas noch nie gesagt, offenbar hatte er den Sohn von Lord Stanton als ernst zu nehmenden Heiratskandidaten ins Auge gefasst.Violet versuchte krampfhaft, sich an das Gesicht des Jungen zu erinnern, doch es wollte ihr partout nicht mehr als ein rotblonder Haarschopf einfallen, den er von seinem Vater geerbt hatte.Wann hatte sie ihn zum letzten Mal gesehen? Vor drei oder vier Jahren?Als die Dienstmädchen ihr Werk vollendet hatten, erblickte Violet im Spiegel das Gesicht einer Fremden, einer perfekten Lady, in einem wundervollen Kleid und mit kunstvoll gesteckter Frisur, die sich nur zufällig die Gesichtszüge mit ihr teilte.Zumindest an ihrem Äußeren dürfte ihr Vater nichts auszusetzen haben.Und seine Warnung …Nun, für die automatische Bullenkastration interessierte sie sich schon längst nicht mehr.Was wohl die jungen Herren von einem Referat über arbeitserleichternde Geräte für das Hauspersonal halten würden? Oder über die Entwicklung eleganter Waffensysteme für Damen.Eine Vorführung meines Schirms würde bei dem jungen Lord Stanton gewiss wie der Blitz einschlagen, dachte Violet amüsiert.»Mylady sind sicher schon aufgeregt, nicht wahr?«, fragte Claire, ihre Zofe, während sie das Werk der Dienstmädchen begutachteten.»All die eleganten jungen Herren! Vielleicht sagt Ihnen diesmal einer zu
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