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.Das tat er.Meinen Feind soll ich speisen, wenn er hungert – mit Vergnügen! Aber ihn segnen – und welche Feinde habe ich denn? Leute wie Thun, nicht persönliche Feinde, die sind mir schnuppe, und sie haben meinen Segen, doch Feinde meiner Nation.Die segne ich nicht, und mag der Heiland es mir dreimal befehlen! Doch Goethes Spruch fiel ihm ein: die Kraft, die stets verneint und stets das Gute schafft! Wer weiß, ob Österreichs Tücken nicht das Gute vorbereiten!An der Table d'hote unterhielten sich diverse Fähnriche und Referendare laut und lärmend über die falsche Nachricht, der famose Bismarck sei angekommen, ein »urfideles Haus«.Die fürstlichen Herrschaften des Badeorts fanden die Sandbüchse der Düne nur passend für Scheibenschießen, und brachten ihre sonstige Zeit beim Spielpächter zu, der immer noch Geschäfte machte.Fast zehn Jahre verstrichen, seit Otto hier seinen »Kies« ließ.Damals hatte er auch mit seinem weiland Göttinger Korpsbruder Scharlach ein Wiedersehen feiern wollen, was mißglückte.Wo mag der wohl sein? Und siehe da, plötzlich fiel ein Amtsrichter Scharlach in die Stube, just als er vom Wasserfall des Wellenbades und Scheibenschießen heimkehrte.Der schon recht ältliche Herr wußte nicht recht, wie er die Exzellenz anreden solle, und stotterte etwas Undeutliches, bis Otto ihm ins Wort fiel: »Gieseke, lieber alter Kerl! Das ist mal schön von dir!« Das Gesicht des kränklichen Beamten strahlte vor Glück, daß sein vornehmer Freund, eine Exzellenz, ihn wiedererkannte.Zur Zeit der Kreuzzeitungskämpfe mit der Revolution hatte Bismarck ihn aufgefordert, hier und da Korrespondenzen über hannoversche Verhältnisse zu senden, dann schlief der kurze Briefwechsel ein.»Und nun bist du doch ein großer Mann geworden, wie ich immer prophezeite!«»Ich? Daß ich nicht wüßte.Ich bin nichts als königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundestag, der jeden Moment abberufen werden kann, um sich in die Stille des Privatlebens zurückzuziehen.«»Aber die Öffentlichkeit ist voll von deinem segensreichen Wirken.«»Dann weiß die Öffentlichkeit entschieden mehr als ich.Doch lassen wir das und sprechen von deinem Privatleben.« Er entwickelte die gemütvollste Herzlichkeit und Scharlachs mußten bei ihm wohnen.Als sie schieden, versicherte die Frau Amtsrichter nachher, noch nie habe sie einen so wahrhaft vornehmen, so sprudelnd geistreichen und dabei so tugendhaft frommen Mann gesehen.Scharlach zehrte sein Leben lang von diesem Wiedersehen und erzählte natürlich bis an seinen Tod allerlei Schönes, das immer begann: »Mein berühmter Jugendfreund«.Weniger erfreut hätten ihn die Zeilen, mit denen Otto an Nanne über dies Erlebnis berichtete.Auch ihn erfüllte dies Wiederaufleben ferner Vergangenheit mit wehmütiger Rührung, doch nicht ohne peinliche Beimischung.Die Melodie war noch da, doch der Text des Liedes war vergessen.Wo blieb der Studiosus voll heiterer, ungebundener Laune? Untergegangen in einem gedrückten Kleinstädter, der sich wie aus einem Staatsgefängnis entlassen vorkam, wenn er hier Gottes freie Natur brausen und rollen und von Dingen der großen Welt hörte.Dabei schienen ihm aber die Kleinigkeiten seiner Amtssklaverei unendlich wichtig zu sein, und es beruhigte Ottos geringschätziges Mitleid, daß sein einstiger Busenfreund mit seinem Los zufrieden schien.»Du schaffst in der Welt da draußen, wir Beamten schaffen in der Stille«, betonte er mit stolzer Würde, und Otto war zu liebreich nachzuforschen, was er denn schaffe.Er versank in düsteres Nachdenken.Der Frosch im Weiher plätschert so behaglich wie der Walfisch im Ozean.Der Kleine blinzelt von seinem idyllischen Bächlein schadenfroh auf die Brandung, wo ein wetterfester Wagehals sich abarbeitet.Das ist ausgleichende Gerechtigkeit.Und wenn umgekehrt der Neid der Vielzuvielen sich ärgert: warum bin ich nicht groß und frei wie dieser, ist das nicht ungleiche Verteilung der Lebensgüter? Glücklicherweise richtet sich der Neid fast immer nur auf Äußerliches, auf materiellen Erfolg, die »Größe« der ellenhohen Socken, und kennt nicht die Wahrheit: Du bleibst doch immer, was du bist.Da nun der äußere Erfolg von hundert Zufälligkeiten abhängig und hinter den Höhen der tiefe, donnernde Fall lauert, so gibt's hier nichts zu beneiden.Das Steigen zu den sogenannten Spitzen der Gesellschaft ist eine unsichere Alpenfexerei, wobei man leicht ausgleitet und in den Abgrund stürzt.»Denn die Größe ist gefährlich und der Ruhm ein eitles Spiel.« Wollte aber der Neid sich gegen das wirklich Beneidenswerte wenden und geistige Schöpferkraft als unerlaubte Bevorzugung anklagen, woneben alle Mittelmäßigen sich ungerechter Zurücksetzung bewußt wären, so ahnen sie sogar nur unvollkommen den hohen Selbstgenuß des Schaffenden, ahnen dafür aber erst recht nicht die ungeheure Arbeitslast, die Widerwärtigkeiten, das dumpfe Leid, die mit jedem Schaffen verbunden.Und was schaffe ich denn? Nichts oder so wenig in meiner abhängigen Stellung.Dem König habe ich ja unter vier Augen bekannt, daß ich nie freiwillig, nur auf ausdrücklichen Befehl nach Wien gehen könne, wo man mich hinterrücks überlisten und mein Ansehen untergraben würde.Der König nannte diesen Posten eine Hochschule meiner diplomatischen Laufbahn und verlangte Dank dafür, daß er mich ausbilde.Auch als Minister würde ich nur ein Ei sein, das die Henne brütet, und das widerstrebt meiner Selbstachtung.Verantwortung seiner Selbstherrlichkeit jähen Launenwechsel zu decken, fiele mir um so schwerer, als seine unregelmäßige Sprunghaftigkeit im Arbeiten oder Liegenlassen sich mit solcher Beeinflußbarkeit seiner Stimmung durch jeden geschickten Intriganten paart.Selbst mein edler, ernster Prinz Wilhelm, auf den ich so viel Hoffnungen setze, wenn auch nicht gerade für mich, denn mit seiner Frau Gemahlin und seiner Umgebung habe ich's nun mal verdorben – selbst er ist den Einflüsterungen der Unberufenen zugänglich.Die Hintertreppenschleicherei der Goltz, Bethmann-Hollweg, Pourtalés träufelt Gift auf alle Dielen.Nun, laß sehen, ob es mit Hannover ginge.Da könnte man einen wichtigen Mittelstaat in die richtige deutsche Sache hineinbugsieren und so Preußen fördern
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