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.Solveig steht steif wie ein kleiner Baum im Treppenhaus, nur fünf Stufen über der Tragödie, und jetzt blickt die Alte sie an und sagt, fast sanft und trotzdem mit einer Zerbrechlichkeit in der Stimme, die Solveig die Gedärme zusammenschnürt: »Sie nehmen mir meinen Hermann weg.« Dann schaut die alte Frau abwechselnd zu Solveig herauf und zu den Sargträgern hinunter, die sich mittlerweile wieder der Kiste gewidmet und diese aus der Ecke des Treppenhauses herausgewuchtet haben.Die Träger tun ihre Arbeit, und Solveig ist starr vor Entsetzen, so überraschend dem Tod begegnet zu sein.Der Blick der Frau trifft sie wieder, aber sie weiß nicht, ob das wirklich ihr Blick ist, der da hinter diesem Tränenschleier stattfindet.Könnte auch der Blick eines trauernden Monsters sein.Die Männer haben sich die Kiste gepackt und sind wortlos hinuntergehastet, und die Frau steht im Treppenhaus wie ein Kind, das niemand beim Versteckenspielen gesucht hat und murmelt irgendwas, und Solveig hört die Worte »Gott« und »Hermann« und »Tod« und weiß nicht, was sie jetzt tun soll.Sie könnte ja der alten Frau irgendeine Art von Hilfe anbieten, aber was für eine Hilfe sollte das sein? Was sagt man zu jemandem, den man kaum kennt und dem grad der Langzeitehepartner von Sargträgern aus der Wohnung gezerrt wurde? Was zur Hölle hat man mit einer Frau zu besprechen, die im Treppenhaus steht und so sehr nach Verlust aussieht, dass man meint, man könnte sich an ihren Verlust anstecken? Solveig entscheidet, dass sie mit der Frau nichts zu besprechen hat und geht einfach hoch in ihre Wohnung.»Was war denn da draußen für ein Geschrei?« Jenny sitzt im T-shirt und Slip am Tisch und klappert Kommunikatives in ihr Laptopgerät.Dann schaut sie kurz auf und sagt zu Solveig: »Boh, bist du blass, ist dir der Tod übern Weg gelaufen?« Diese Frage, obwohl es komplett korrekt und faktisch richtig wäre, jetzt mit einem ja zu beantworten, kommt Solveig nicht in den Sinn, also sagt sie erstmal gar nichts und geht ins Badezimmer.Kaltes Wasser fließt über dürre Frauenhandgelenke, und Solveig wirft sich vom kalten Wasser ins Gesicht, auf das vielleicht endlich mal die Schwermut dieses Tages fort gewaschen würde.Eine leichte Erfrischung kommt auf.Beim Blick in den Spiegel stellt sie fest, dass sie kein ästhetisch benachteiligtes Mädchen ist, sondern eine hübsche, junge Frau, die wie eine zarte Blume mit krass roter Blüte wirkt.Solveig lächelt sich an und lächelt spiegelbildlich zurück.»Ich hab genau nirgendwo ein irgendwie geartetes Problem mit irgendwas«, denkt Solveig dann und fasst ihr Gesicht an und findet ihren gerade gedachten Satz sehr schlau.Ja, verdammt, denkt sie weiter, was hat das ganze Sorgenspektrum dieser Welt eigentlich mit mir zu tun? Noch mal ne Ladung kaltes Wasser rein ins überhübschte Frauengesicht, und dann riecht sie an ihren roten Haaren und ist erregt von ihrer eigenen frühlingshaften Erscheinung.Dass das Leben eher einem Ponyschlachthof denn einem regulären Ponyhof ähnelt, wird ihr immer bewusster.Das Geheimnis wird wohl sein, sich auch auf dem Ponyschlachthof irgendwie wohlfühlen zu können, das Gemetzel an den Tieren zu genießen, eine Niedlichkeitsphobie zu entwickeln und laut und psychotisch lachend durch Pfützen aus Blut zu springen.»Der Typ von unten ist gestorben, der, der solange krank war, und seine Frau hat das irgendwie nicht so recht verkraftet.Ist noch Kaffee da?« Solveig betritt in einer Gelassenheit die Küche, die leicht modelaufdemlaufstegartig wirkt.Also falsch, künstlich und trotzdem fassadenschön.Sie schaut trocken ins Leere, dann gefühlsunbetont auf Jenny, die immer noch nicht aufschaut und dann sagt: »Aha, ja krass, guck mal in der Thermoskanne nach, da müsste noch ne Tasse rauszukriegen sein, aber Milch ist nicht mehr da.« Solveig wohnt seit fast zwei Jahren mit Jenny zusammen, die immer noch nicht gerafft hat, dass sie ihren Kaffee ohne Zusätze mag.Ihr fällt die Seltsamkeit auf, mit jemandem zusammen zu leben, der scheinbar überhaupt kein Interesse an persönlichen Vibrationen und Gefühlsmanagement zu haben scheint
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