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.»Ich habe geglaubt, ich soll dich hier abholen.«»Du sollst mich hier … was?«»Hast schon richtig gehört.Abholen.« Leopold zwinkerte kurz in Richtung der Lady.»Denk bitte an unsere Vereinbarung.«Thomas Korber wirkte wieder nüchtern und zurück auf dem Boden der Wirklichkeit.Irgendetwas in ihm schien sich noch kurz gegen etwas auflehnen zu wollen.Er fuhr sich unsicher mit der Hand durchs Haar.»Du meinst …?«, fragte er.»Jawohl, ich meine«, beharrte Leopold.Vorne spielte das Gitarrenduo mittlerweile ›Sounds of Silence‹.Und das Publikum grölte dazu.»Was ist denn das für eine Geheimsprache?«, wollte die Lady wissen.»Was soll denn das heißen?«»Das soll heißen, dass wir jetzt gehen, der Leopold und ich«, rang sich Korber mit einem kleinen Seufzer durch.»Ihr gehts jetzt? Und ohne mich? Ja, seid ihr zwei denn verheiratet?«, reagierte Korbers Begleitung mit verständlicher Empörung.»Nein, aber so gut wie.Auf Wiedersehen!«, sagte Leopold und packte seinen Freund dabei sanft an der Schulter.»Na, dann viel Spaß, ihr Schwulis.Da bin ich ja richtig froh, dass es heute nichts aus uns beiden wird! Geradezu Ekel erregend, wenn ich mir vorstelle, dass ich mit so einem Individuum vielleicht im Bett gelandet wäre!«, schimpfte die unbekannte Dame Korber nach, der sie – wenn überhaupt – nur mehr aus der Distanz hörte, während er mit Leopold den Weg über Taschen, Füße und andere Hindernisse zum Ausgang suchte.Draußen sagte Leopold:»Komm, ich habe mein Auto nicht weit weg stehen.Fahren wir noch auf einen Sprung zu mir.«Es war ein beiden lieb gewordenes Ritual, einen solchen Abend bei einer Schale Kaffee in Leopolds geräumiger Gemeindewohnung am nördlichen Stadtrand von Wien, unweit von Stammersdorf*, ausklingen zu lassen und dabei über Gott und die Welt zu reden.Dennoch zierte sich Korber zunächst ein wenig.Wortlos folgte er Leopold zum Auto, ehe es aus ihm losbrach:»Du mit deiner Vereinbarung.Wie ein Schulkind hast du mich abgeholt, nicht wie einen erwachsenen Menschen.«Leopold seufzte achselzuckend:»Ja, was hätte ich denn machen sollen? Anders hätte ich dich überhaupt nicht von dem Weibsbild wegbekommen.Und das mit der Vereinbarung war schließlich deine Idee.Erinnere dich doch, wie du mich letztens förmlich auf den Knien angefleht hast, dich vor erotischen Abenteuern der gefährlichen Art zu bewahren, wenn es sich machen lässt.Ich habe nur meine Pflicht erfüllt.«Tatsächlich hatte Korber manchmal eine bestimmte, vom Alkohol und einer gehörigen Portion Selbstmitleid herbeigeführte Laune, die bei ihm spontan ins Romantische umschlagen konnte.Er suchte dann krampfhaft ein schnelles Abenteuer im Bett.Für solche Zwecke war das ›Botafogo‹ das geeignete Lokal.Hier ließ sich Korber willenlos in die Arme von Frauen treiben, die auf solche Freier nur warteten und die Situation eiskalt ausnützten.Meistens war seine Geilheit nämlich größer als sein tatsächliches Stehvermögen, trotzdem musste er für das zweifelhafte Vergnügen nicht selten auch noch einen anständigen Betrag hinlegen.Schließlich hatte er sich geschworen, solche Dummheiten in Zukunft ein für allemal zu unterlassen – und Leopold sollte ihm dabei helfen.So war es zu der Vereinbarung gekommen, dass er sich von Leopold aus solchen Situationen auch gegen seinen Willen ohne viel Aufhebens befreien lassen musste, andernfalls er ihm einen Betrag zu erstatten hatte, der nicht viel unter dem lag, was so manche Lady für ihre Dienste in die Hand haben wollte.Korber blieb also nichts anderes übrig als zu stöhnen:»Ist ja gut, ist ja gut.Verzeih mir bitte.Aber heute ist einfach nicht mein Tag.«In Leopolds Wohnung, bei besagter Schale Kaffee, erzählte er ihm dann, wie er Gabi und ihren Liebhaber heimlich auf dem Parkplatz beobachtet hatte.Leopold schüttelte nur seinen Kopf.»Ja, wenn du auch so dumm bist und noch extra nachschauen gehst, dann ist dir freilich nicht zu helfen.Genügt es dir nicht, wenn du von allen Seiten hörst, dass sie nur mit dir spielt? Jetzt weißt du bereits, dass dieses Luder dich deinen Job kosten kann, trotzdem rennst du ihr nach und steigerst dich in eine Melancholie hinein, die dich in den nächsten Blödsinn treibt.Mein Gott, Thomas! Wirst du denn nie vernünftig?«»Du tust immer so abgeklärt, als hätte es in deinem Leben nie eine Frau oder eine Affäre gegeben«, sagte Korber, durch den Kaffee jetzt ein wenig aufgekratzter.»Das finde ich ziemlich scheinheilig.Warst du denn über solche Dinge immer erhaben? Sind deine Gefühle nie mit dir Schlitten gefahren?«Leopold gab es einen kleinen, aber wohl dosierten Stich.Gott sei Dank wusste Thomas nicht viel von seiner Vergangenheit.Wie sollte er ihm auch erklären, dass er selbst in puncto Frauen beinahe alles falsch gemacht hatte? Dass er eine langjährige Beziehung unnötig aufs Spiel gesetzt und schließlich verloren hatte? Und dass er danach ruhelos jedem Rock, der ihm über den Weg gelaufen war, nachgerannt war, um nur ja nichts zu versäumen, ehe es vielleicht zu spät dafür war?Für einen Augenblick wurde Leopold selbst ein wenig sentimental.»Ich war einmal mit einer Frau beisammen, sogar recht lange«, sagte er merklich leiser.»Aber ich will heute nicht darüber sprechen.«»So, so, du willst nicht darüber sprechen.Das ist ja interessant.Dann meckere bitte nicht die ganze Zeit an mir herum, als ob du weiß Gott wie gescheit wärst.«Leopold winkte ab.»Ach was, gescheit! Ich möchte nur nicht, dass du dieselben Fehler machst, die ich einmal begangen habe.Mit der Zeit wird man ohnehin ruhiger.Man findet sich damit ab, dass das Leben ein ständiges Kommen und Gehen ist, dass nichts Bestand hat, vielleicht nicht einmal das altehrwürdige Kaffeehaus, für das man arbeitet.Man steht den Dingen dann gleichgültiger und gelassener gegenüber.Heute gibt es nur mehr eine Sache, die mich aus der Reserve lockt, weil sie eine der wenigen beständigen Dinge ist, die es auf der Welt gibt: das Verbrechen.«»Das habe ich mich schon öfters gefragt, was am Verbrechen so interessant ist«, schüttelte Korber den Kopf.»Du bist doch Deutschlehrer, Thomas, und sehr belesen«, lächelte Leopold, und seine Augen funkelten jetzt wieder.»Da musst du die Erzählung ›Das vorzeitige Begräbnis‹ von Edgar Allan Poe kennen.Sie handelt von den Ängsten eines Mannes, einmal lebendig in einem Sarg zu landen und so verscharrt zu werden [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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