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.Der Anblick der Berge ändert die Bedingungen der Optik und Perspektive: eine Tanne, die 100 Fuß hoch ist, sieht wie ein Schilfrohr aus, weite Täler eng wie schmale Pfade.Dieser See ist der einzige, auf dem man traulich von Herz zu Herz sprechen kann.Hier kann man sinnen und lieben.Nirgends trifft man ein schöneres Einvernehmen zwischen Wasser, Himmel, Bergen und Erde.Auf ihm findet man Balsam für jeden Kummer des Lebens.Dieser Ort bewahrt das Geheimnis des Leides, er tröstet und verringert es, der Liebe verleiht er etwas Ernstes, Andächtiges, das die Glut tiefer und reiner macht.Ein Kuß steigert sich dort zur Seligkeit.Aber vor allem ist er der See der Erinnerungen; er ist ihnen hold, gibt ihnen die Farbe seiner Wellen, ist ihnen ein Spiegel, in dem alles erscheint.Raphael ertrug seine Bürde nur in dieser schönen Landschaft.Hier konnte er unbekümmert, träumerisch und wunschlos sein.Nach dem Besuch des Arztes ging er spazieren und ließ sich nach der einsamen Spitze eines hübschen Hügels übersetzen, auf dessen Höhe das Dorf Saint-Innocent liegt.Von dieser Art Vorgebirge aus umfängt der Blick die Berge von Bugey, an deren Fuß die Rhône fließt, und das Ende des Sees; von hier aus betrachtete Raphael gern die melancholisch anmutende Abtei Haute-Combe auf dem gegenüberliegenden Ufer, die Begräbnisstätte der Könige von Sardinien, die zu Füßen der Berge ruhten wie Pilger, die am Ziel ihrer Reise angelangt sind.Ein gleichmäßiger, rhythmischer Ruderschlag störte den Frieden der Landschaft und lieh ihr eine monotone Stimme, die an die Litaneien der Mönche erinnerte.Der Marquis war erstaunt, in diesem Teil des Sees, der für gewöhnlich einsam war, Gesellschaft anzutreffen, und wandte, ohne sein Träumen aufzugeben, seine Aufmerksamkeit den Personen zu, die in dem Boot saßen.Er erkannte auf der hinteren Bank die alte Dame, die ihn am Abend zuvor so hart angelassen hatte.Als der Kahn an Raphael vorüberfuhr, wurde er nur von der Gesellschafterin dieser Dame gegrüßt, einer armen Adligen, die er zum erstenmal zu sehen glaubte.Nach ein paar Augenblicken schon hatte er die Gesellschaft vergessen, die schnell hinter dem Vorgebirge verschwunden war, als er in seiner Nähe das Rascheln eines Kleides und leichte Tritte hörte.Er wandte sich um und erblickte die Gesellschafterin; an ihrer verlegenen Miene merkte er, daß sie ihn sprechen wollte, und näherte sich ihr.Sie war sechsunddreißig Jahre alt, groß und dürr, vertrocknet und kühl, und wie alle alten Jungfern recht beklommen von seinem Blick, der mit einem unsicheren, zögernden Gang ohne Elastizität nicht mehr übereinstimmen wollte.Weder alt noch jung, gab sie durch eine gewisse würdevolle Haltung zu erkennen, welch hohen Wert sie auf ihre Tugenden und Eigenschaften legte.Sie hatte übrigens die stillen und klösterlichen Bewegungen der Frauen, die nur mit sich selbst zärtlich umzugehen pflegen, gewiß um der Liebe, die ihre Bestimmung ist, nicht zu erliegen.»Monsieur le Marquis, Ihr Leben ist in Gefahr, kommen Sie nicht mehr ins Kurhaus!« sagte sie zu Raphael und wich dabei ein paar Schritte zurück, als wäre ihre Tugend schon in Gefahr.»Aber bitte, Mademoiselle«, erwiderte Valentin lächelnd, »wollen Sie sich nicht deutlicher erklären, wenn Sie schon die Freundlichkeit hatten, hierherzukommen?«»Oh!« gab sie zurück, »wäre es nicht eine so wichtige Sache, hätte ich nie gewagt, die Ungnade von Madame la Comtesse auf mich zu lenken, denn wenn sie jemals erführe, daß ich Sie gewarnt habe.«»Und wer sollte es ihr sagen?« rief Raphael.»Das ist wahr«, versetzte das alte Fräulein und warf ihm einen scheuen Blick zu, wie ein Käuzchen, das der Sonne ausgesetzt wird.»Aber denken Sie an sich«, fügte sie hinzu; »mehrere junge Leute, die Sie aus dem Bade vertreiben wollen, haben abgesprochen, Sie zu provozieren und Sie zu zwingen, sich zu duellieren.«Aus der Ferne hörte man die Stimme der alten Dame.»Mademoiselle«, sagte der Marquis, »meinen Dank.«Seine Gönnerin war bereits geflüchtet, als sie die Stimme ihrer Herrin hörte, die abermals aus den Felsen gellte.»Armes Mädchen! Die Unglücklichen verstehen und helfen einander immer«, dachte Raphael, während er sich unter einen Baum setzte.Der Schlüssel zu allen Wissenschaften ist unbestritten das Fragezeichen; wir verdanken die meisten großen Entdeckungen dem: Wie, und die Lebensweisheit besteht vielleicht darin, sich bei jeder Gelegenheit zu fragen: Warum.Aber das künstliche Vorherwissen zerstört auch unsere Illusionen.So hatte Valentin, ohne lange philosophische Erwägung, die gute Tat der alten Jungfer zum Gegenstand seiner unsteten Gedanken gemacht und fand lauter Galle darin.»Daß ich von einer Gesellschaftsdame geliebt werde«, dachte er sich, »ist kein Wunder; ich bin siebenundzwanzig Jahre alt, bin Marquis und habe zweimal 100000 Livres im Jahr! Aber daß ihre Herrin, die den Katzen die Palme der Wasserscheu streitig macht, sie im Boot in meine Nähe geführt hat, ist das nicht seltsam, fast wunderbar? Diese beiden Frauenzimmer, die nach Savoyen gekommen sind, um hier wie Murmeltiere zu schlafen, die des Mittags fragen, ob schon Tag ist, sollten heute vor acht Uhr aufgestanden sein, um dieses Wagstück, mich aufzuspüren, zu unternehmen!«Bald war diese alte Jungfer und ihre vierzigjährige Unschuld in seinen Augen eine neue Verwandlung dieser künstlichen und tückischen Welt, eine elende List, ein täppisches Komplott, eine boshafte Spitzfindigkeit, die ein Priester oder eine Frau ersonnen hatte.War das Duell ein Märchen, oder wollte man ihm nur Angst einjagen? Diese dürftigen Seelen, die frech und aufdringlich wie Fliegen waren, durften sich rühmen, seine Eitelkeit erregt, seinen Stolz geweckt, seine Neugier gekitzelt zu haben.Er wollte weder ihr Narr sein noch als Feigling gelten, und da ihn diese Posse zu amüsieren anfing, ging er noch am nämlichen Abend ins Kurhaus
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