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.Wir hätten die Strecke problemlos zu Fuß bewältigen können, aber Waltraud wollte unbedingt mit großer Karosse vorfahren, und mein Vater stimmte zu.Susanne und Lutz würden wir dort treffen.Alle Plätze bis auf die erste Reihe waren besetzt, als wir ankamen.Der Sarg stand etwas erhöht und war von einem Meer an Gestecken und Kränzen umgeben.Den Blumenschmuck auf dem Sarg – dicke, rosafarbene Rosen – hatte sie selbst bestimmt.Ein Organist spielte getragene Melodien.Ich bedauerte, dass Marie nicht hier sein konnte, aber das Büro im kleinen Rathaus durfte nicht unbesetzt sein.Wir nahmen in der ersten Reihe bei Susanne und Lutz Platz.Nachdem der Pfarrer eine Rede gehalten hatte, die von Plattitüden nur so strotzte, ging zu meinem Entsetzen ausgerechnet Majestix nach vorn an das kleine Rednerpult und ließ einen seiner gefürchteten Monologe vom Stapel.Susanne starrte ihn verzückt an, als wäre sie eine amerikanische Politikergattin, und vergaß für einen Moment das leise Schluchzen.Lutz ließ sich weitschweifig über meine Oma aus und erging sich in Allgemeinplätzen à la emsig bis ins hohe Alter und Ehrfurcht vor schlohweißen Haaren.Was gab ihm eigentlich das Recht dazu? Ich erwartete beinahe, dass der Sargdeckel auffliegen und Oma ihm das Mikrofon aus der Hand schlagen würde, das hätte zu ihr gepasst.Noch eine Menge Leute fühlten sich berufen, eine kleine Rede zu halten.Der Präsident der Handwerkskammer, diverse Kommunalpolitiker, Abgeordnete von gemeinnützigen Organisationen, die Cäcilie Bernauer unterstützt hatte.Es wurde gebetet, gesungen, wieder gepredigt, noch einmal gesungen.Schließlich erschienen die Sargträger, und der Trauerzug bewegte sich langsam zum kleinen, uralten Friedhof des Dorfes.Mir wurde mit jedem Meter mulmiger.Ich hasste dieses Ritual, dass der Sarg in die Erde gelassen und dann zugeschaufelt wurde – und alle sehen dabei zu.Mir behagte das nicht.Ich wollte das nicht sehen.Die Sonne schien, und ich hatte eine dunkle Sonnenbrille aufgesetzt, was bei meiner Mutter ein kurzes Stirnrunzeln ausgelöst hatte.Allerdings war ich nicht die Einzige, die eine Sonnenbrille trug, und so musste Waltraud die Unfehlbare nicht befürchten, dass ich sie mal wieder blamierte.Als wir am Grab standen, schloss ich die Augen hinter den schwarzen Brillengläsern.Ich wollte diese Holzkiste mit den Rosen darauf nicht mehr sehen, ich wollte die gähnende Grube darunter nicht mehr sehen.Wie ein Hörspiel im Radio lief die Beisetzung um mich herum ab, aber als es dazu kam, dass jeder ein Schäufelchen mit Erde auf den bereits herabgelassenen Sarg warf, blinzelte ich kurz, damit ich das Gefäß mit Erde und Schaufel nicht verfehlte.Ich brachte das Ritual so schnell wie möglich hinter mich.Auch das Nächste schaffte ich, ohne durchzudrehen: Hunderte – so schien es mir – Menschen defilierten an uns vorbei, um uns die Hand zu schütteln und ihr Beileid auszudrücken.Ich war völlig erschöpft, als wir schließlich im Dorfgasthof eintrafen, wo der Leichenschmaus stattfand.Es war heiß, die Räume waren völlig überfüllt.Auf den zum Kaffeetrinken eingedeckten Tischen standen große Kuchenplatten und Thermoskannen mit Tee und Kaffee.Der Gesichtsausdruck, mit dem meine Mutter die Kuchenplatten von der Konkurrenz begutachtete, sprach Bände.»Das hätten wir besser gemacht«, sagte dieser Blick.Sie, Majestix und Susanne gingen von Tisch zu Tisch, um mit den Gästen zu sprechen, mein Vater hatte sich mit einigen Kollegen an einen Tisch im Hintergrund zurückgezogen.Dort wurde eifrig diskutiert, und von Zeit zu Zeit sahen die Herren neugierig zu mir herüber – bestimmt erzählte Paps von Patricks Auftrag …Mir wurde schlagartig heiß.Patricks Auftrag! Ich hatte seit Tagen nicht daran gedacht, und Patrick würde in einem oder zwei Tagen bei mir auf der Matte stehen und einen Stapel Entwürfe erwarten, das war die Abmachung.Unruhig rutschte ich auf meinem Stuhl herum, denn alles drängte mich, diesen Ort sofort zu verlassen und keine weitere Zeit mehr zu verlieren.Aber dann würde meine Mutter komplett ausflippen, obwohl jetzt schon feststand, was weiter passieren würde: In spätestens einer Stunde würden die meisten betrunken sein, denn mittlerweile waren die ersten Runden Schnaps verteilt, und die Stimmung wurde zusehends gelöster.Ich saß allein an meinem Tisch, und ich fand es gut so, denn so konnte ich über meine Torten nachdenken.Ich winkte eine der Servicekräfte heran – ich wagte es nicht aufzustehen, denn ich hatte Angst, an einen der anderen Tische gebeten zu werden – und bat um einen der kleinen Blocks, auf denen sie die Bestellungen notierten, und einen Stift.Aber mir wollte einfach nichts einfallen.Ratlos starrte ich auf das leere Blatt, zog ein paar Striche, hielt wieder inne.Natürlich konnte ich hier und jetzt nicht arbeiten.Ich zuckte zusammen, als ich plötzlich angesprochen wurde, und sah hoch.Sven Janssen stand vor mir, in einen dunklen Anzug gezwängt.Sein Doppelkinn quoll aus dem viel zu eng wirkenden Hemdkragen, zusätzlich eingeschnürt durch die Krawatte.Sein Kopf sah aus, als würde er jeden Moment platzen, und wieder einmal fragte ich mich, wie Männer diese Enge am Hals aushielten.»Darf ich mich setzen?«, fragte Sven.Ich hätte natürlich die Wahrheit und so etwas wie »Lieber peitsche ich meinen nackten Körper mit Brennnesseln« sagen können, aber das hatte der arme Sven nicht verdient.Also nickte ich, flötete: »Aber gern, natürlich!«, und er ließ sich mir gegenüber auf den Stuhl plumpsen, der darauf mit deutlich vernehmbarem Ächzen reagierte.Svens Blick irrlichterte fragend zwischen meinem Gesicht und dem kleinen Block hin und her.Ich beschloss, ihn zu erlösen, und erklärte: »Ich wollte mir ein paar Notizen machen, für diesen großen Auftrag …« Ich verstummte, als mir klar wurde, wie sich das anhörte.Und richtig: Sein Gesichtsausdruck wechselte von fragend zu verdutzt.Dann platzte er heraus: »Du arbeitest? Heute? Hier?«Natürlich hatte er recht.Ich fühlte das Bedürfnis, mich zu rechtfertigen, denn er würde es seiner Mutter erzählen, sie würde es meiner Mutter erzählen – und die würde Amok laufen, wenn sie erfuhr, dass ich bei der Beisetzung meiner Großmutter vor aller Augen gearbeitet hatte … Ich schauderte innerlich [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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