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.Die Fischer fuhren nicht mehr so häufig aufs Meer hinaus, sie hatten Angst vor den Minen und Bomben.Das Brot, das man gegen Marken bekam, war grünlich und verschimmelt.Wenn man eine Krume zu einer Kugel formte und gegen eine Mauer warf, blieb sie dort haften, als hätte man sie angeklebt.Olivenöl war nirgends mehr zu bekommen, von Fleisch ganz zu schweigen.In der Pension Eva gab es manchmal Oliven, Sardellen und Käse, dazu zwei große geröstete Scheiben Brot, das Jacolino wie durch ein Wunder aufgetrieben hatte.Woran es aber nie fehlte, war Wein.Die Verbindungen, die manche Kunden nun zu den Mädchen der Pension unterhielten, glichen fast ein bisschen einer Ehe.Die Stammkunden wählten gerne bei jedem Besuch dasselbe Mädchen aus.So zum Beispiel Michele Testagrossa, ein etwa fünfzigjähriger Tischler.Er kam dienstags und samstags und ging für dreißig Minuten mit Carmen aufs Zimmer.Nicola Parrinello ging mittwochs und freitags mit Liuba aufs Zimmer.Doch Liuba hatte auch ein sehr enges Verhältnis zu Don Stefano Milocca, der mit seinem Köfferchen aus Montelusa anreiste.Er hatte mit Signora Flora einen Preis ausgehandelt, schloss sich mit dem Mädchen im Zimmer ein und kam erst zur Sperrstunde wieder heraus.»Jetzt erklär mir doch bitte mal eins, Liuba.Dieser Don Stefano ist bereits über sechzig.Du willst mir doch nicht sagen, dass er die ganze Zeit mit dir …«Nenès Frage brachte Liuba zum Lachen.»Aber wo denkst du hin? Das würde ihm im Traum nicht einfallen.«»Nicht? Und was tut er dann?«»Also: Sobald wir uns nackt ausgezogen haben, öffnet er sein Köfferchen und holt ein Nonnen- und ein Priestergewand heraus.Dann verkleiden wir uns, und er beichtet.«»Was heißt das, er beichtet? Er nimmt dir die Beichte ab!«»Aber woher denn? Er verkleidet sich als Nonne, und ich nehme ihm die Beichte ab.Wenn du wüsstest, was er für eine Phantasie hat! Er redet stundenlang, erzählt mir, dass der Teufel ihm gelegentlich einen Besuch abstattet, ihm ihn immer wieder hinten reinsteckt und dann unglaubliche Dinge von ihm verlangt.Oder dass die Mutter Äbtissin es bei ihm versucht hat und er ihr den Wunsch nicht abschlagen wollte; solche Sachen eben.Wenn er dann ins Detail geht, verschlägt es mir manchmal die Sprache.«Baron Giannetto Nicotra di Monserrato war um die vierzig.Geld hatte er mehr als genug, außerdem besaß er Ländereien und Häuser in Palermo und Vigàta, die seine Frau Agatina als Mitgift mit in die Ehe gebracht hatte.Sie war erschreckend hässlich und die Tochter eines steinreichen Kaufmanns, der ihr unbedingt einen Adelstitel hatte kaufen wollen.Der Baron hatte eingewilligt, weil er ein Frauenheld war und daher immer viel Geld brauchte.In den Krieg war er nicht gezogen: Im Alter von fünfzehn Jahren hatte er einen Reitunfall gehabt und humpelte seitdem.Er war nach Vigàta gekommen, um sich um den Verkauf eines Grundstücks zu kümmern.Am dritten Tag seines Aufenthaltes in der Stadt ging er in die Pension Eva und wurde in einem der beiden Privatsalons empfangen.Dort lernte er Siria kennen.Am nächsten Abend kam er wieder, und von da an besuchte er Siria jeden Abend.Er fuhr in seinem Sportwagen vor, einem der wenigen Autos, die man noch auf der Straße sah, aber dem Baron fehlte es nie an Benzin.Bei seinen ersten Besuchen zahlte er jeweils eine halbe Stunde, danach handelte er mit Signora Flora einen Preis aus.Siria, die bis dahin ein fröhliches, unbefangenes Mädchen gewesen war, wurde mit einem Mal still und wie geistesabwesend, als hinge sie ihren Gedanken nach.»Sag mal, Siria, hast du dich vielleicht in den Baron verliebt?«»Können wir bitte von etwas anderem reden, Nenè?«»Und ist er auch in dich verliebt?«»Ich sagte, ich möchte nicht darüber reden!« In der Nacht vom dritten auf den vierten Juni traf eine Bombe das Landhaus des Barons.Die Bombe musste ziemlich groß gewesen sein, denn von dem Gebäude blieben nur ein Berg aus Staub und ein paar Holzsplitter übrig, die von den Möbeln stammten.Als die Hilfsmannschaft in den Trümmern nach Überlebenden suchte, fanden sie eine Hand, an deren Finger der Ring mit dem Familienwappen des Barons steckte.Sie fanden auch einen Fuß und etwas, das einmal der Kopf eines Menschen gewesen sein musste.Das war alles, was vom Baron Giannetto Nicotra di Monserrato übrig geblieben war.Sein Sportwagen war verschwunden.Vielleicht hatte ihn jemand entwendet, bevor die Hilfsmannschaft eingetroffen war.Als der Schwager des Barons von dem Bombenangriff hörte, eilte er nach Vigàta, sammelte die Überreste ein und brachte sie zur Beisetzung nach Palermo.Siria wurde ohnmächtig, als sie vom Tod des Barons hörte, und dann so aufgebracht, dass der Arzt kommen und ihr eine Beruhigungsspritze geben musste.Daraufhin gab ihr Signora Flora zwei Tage frei, Samstag und Sonntag.An beiden Tagen schloss sie sich in ihr Zimmer ein und weinte.Am Montagmorgen wirkte sie schon etwas ruhiger.Nach der ärztlichen Untersuchung bat sie Signora Flora, an den Ort gehen zu dürfen, wo der Baron gestorben war, versprach aber, rechtzeitig wieder zurück zu sein, um gemeinsam mit den anderen Mädchen zu essen.Signora Flora riet ihr von der Idee ab, aber Siria war nicht davon abzubringen.Als sie zum Abendessen noch nicht zurück war, begann Signora Flora, sich Sorgen zu machen, und bat Jacolino nachzuschauen, ob Siria noch immer vor den Trümmern von Giannetto Nicotras Haus weinte.Jacolino machte sich auf den Weg.Als er bei dem zerstörten Haus ankam, konnte er Siria nirgendwo entdecken.Signora Flora wartete bis sieben Uhr abends, dann entschloss sie sich, bei den Carabinieri eine Vermisstenanzeige aufzugeben.Das Abendessen mit Ciccio, Nenè und Jacolino glich einer Beerdigungsfeier.Niemand war nach Lachen zumute, alle dachten an Siria.»Hoffentlich hat sie keine Dummheiten gemacht«, sagte Carmen und sprach damit aus, was die anderen dachten, aber nicht zu sagen wagten.Siria blieb verschwunden.Man fand sie weder tot noch lebendig.Ihre paar Habseligkeiten hatte sie in ihrem Zimmer zurückgelassen und nur mitgenommen, was sie immer bei sich trug: ein paar Lire, ihren Pass, zwei Fotos, eins ihres Vaters, eins ihrer Mutter, und ein Taschentuch.Signora Flora setzte Sirias Familie in Kenntnis, doch sie erhielt keine Antwort.Vielleicht kam der Brief auch nie an.Eine weitere Liebesgeschichte nahm ihren Anfang in der Pension Eva, die nämlich von Giugiù Firruzza und Lulla.Giugiù war ein anständiger, fleißiger Mann und stammte aus einer guten Familie.Er besuchte die medizinische Fakultät in Palermo im dritten Jahr.Sein Vater, Don Antonio, der über die entsprechenden Beziehungen verfügte, hatte dafür gesorgt, dass Giugiù nicht zum Militärdienst eingezogen wurde: Ein befreundeter Arzt stellte bei Giugiù einen schweren Herzfehler fest.In Wirklichkeit war Giugiùs Herz, wenigstens bis er Lulla kennenlernte, kerngesund.Man hatte ihn mit einer entfernten Cousine verlobt, einem pummeligen Mädchen, das eine Brille trug und jeden Tag zur Kirche ging.Und er, der brave Sohn, hatte dem Willen seiner Eltern gehorcht.Zwei Jahre nach der Verlobung hatte Ninetta ihm erlaubt, sie zu küssen, aber nicht auf den Mund.Und danach war sie sofort in die Kirche gelaufen, um zu beichten.Es war das erste und letzte Mal, dass sein Mund das Mädchen berührte [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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