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.»Glaub' ich auch«, erwiderte der Züricher; immer, wenn er aufgeregt war, fiel er vom Schriftdeutschen in Schwyzerdütsch.»Trotzdem muß man ja immer damit rechnen, daß im letzten Moment noch etwas schiefläuft.«»In diesem Fall würde ich unverzüglich in die DDR zurückfliegen«, versetzte Konopka.»Wenn Sie das Arrangement in drei Tagen nicht schaffen, schaffen Sie es nie.Was Sie durch Ihre Vermittlung für sich persönlich herausholen, interessiert mich nicht.Die Summe wird Sie sicher für den heutigen Verlust im Fluchtgeschäft entschädigen.«Er hatte wieder diese Wellblechlippen.»Gut«, entgegnete der gezähmte Raubtierdresseur.»Es wird alles klappen.«»Wie schön«, spöttelte Konopka.»Sie kennen ja mein Vertragshotel.Meine Maschine landet gegen Mittag.Wenn wir dann zu Rande kommen trennen sich unsere Wege für immer.«Der TRASCO-Chef hörte eine unbestimmte Drohung heraus.»Und bei Komplikationen oder Verzögerungen?« fragte er.»Setze ich Sie nach meiner Rückkehr in die Normannenstraße sofort auf die Fahndungsliste und lasse die TRASCO hochgehen.« Er lächelte wie der freundliche Onkel, der dem braven Kind eine Praline anbietet.»Mit Versagern arbeite ich nicht.«Er nickte dem Geschäftsmann aus Zürich zu, gab ihm beim Abgang sowenig die Hand wie bei der Ankunft, öffnete die Tür und überzeugte sich, mehr aus Gewohnheit denn aus Sorge, daß ihm auf dem Flur kein Schatten auflauerte.Er schlenderte im Passantenstrom um die Ecke, nahm in einem Straßencafe in der Nähe einen Aperitif, genoß den Trubel um sich herum als einen kleinen Vorschuß auf seine nächste Zukunft.Gesetzte Männer, elegante Frauen.Junge Pärchen, die aussahen, als nutzten sie gleich den Asphaltdschungel als Liegewiese.Taxis hupten, Bremsen quietschten, Radfahrer schimpften, alle hatte es eilig in Richtung nirgendwohin.Konopka zahlte und ging langsam zum Tiergarten weiter.Er begegnete Ehepaaren, deren Zweisamkeit zu verbrauchter Endgültigkeit geronnen war, und es fiel ihm auf, daß die Frauen ihre Hunde oft freundlicher behandelten als ihre Männer.Weder war es ein westliches Spezifikum noch würde es ihm den Eintritt dorthin verleiden.Er machte sich ohnedies keine großen Illusionen, wenn er sein sozialistisches Vaterland mit einer kapitalistischen Wahlheimat vertauschte.In erster Linie würde Konopka den Wechsel vollziehen, weil es sich im Westen bequemer leben ließe und ihn im Osten das ewige Politgequassel anwiderte, der Murks um Marx.Es war eine Entscheidung für den Komfort, so würde sich umgehend ein östlicher Funktionär in einen westlichen Bonvivant verwandeln, und das sogar noch im Auftrags des Staatssicherheitsministeriums in einer freilich ungewollten Auslegung.Er hatte die ersten Schritte seiner Absatzbewegung mit äußerster Umsicht betrieben – Sindelfingen, zum Beispiel.Dann hatte ihm die Normannenstraße in unvorstellbarer Weise in die Hände gearbeitet, als ihm Lupus den Auftrag gab, den Sperber darzustellen und sich auf der Gegenseite als Maulwurf ganz großen Stils darzustellen.Der Verrat, den Konopka insgeheim vorbereitet hatte, war ihm zur Auflage gemacht worden – er hatte gewonnen, bevor er noch mehr riskieren mußte.Es tat ihm leid um General Lupus, der in seinen Augen kein übler Kerl war, aber nunmehr über die Klinge springen müßte.Er hatte mit Mühe den Fall Stiller, den Absprung eines Stasi-Oberleutnants, überlebt, der mit zwei Koffern Subversivmaterial in den Westen übergelaufen war.Was war so ein Winzling, gemessen am schier allmächtigen Einpeitscher des DDR-Ministeriums für Außenhandel, der bislang die Freikaufgeschäfte überwacht und die ganze östliche Industriespionage im Westen geleitet hatte?Konopka zwang sich, nicht an Sascha zu denken, aber er sagte sich auch, daß der Sturz des Untergrundgenerals seinen Wert als Überläufer im Westen ins Maßlose steigern würde – und wer unersetzlich wurde, war letztlich auch unbezahlbar.Der Mann im hellen Anzug sah Dollarstempel an der Wand, als Menetekel für das Morgen.500.000 Dollar wären nur eine erste Anzahlung, er würde an seine Zukunft als kapitalistischer Frührentner denken.Er kämpfte einen Moment lang mit sich, ob er den Abend in Westberlin verbringen sollte, aber es war ohnehin das letztemal, daß er in den östlichen Machtbereich zurückkehrte.Einige Genossen maulten seit langem, daß er sich viel zuviel im Westen herumtreibe; er entschloß sich, ihnen einen letzten Gefallen zu erweisen und vorzeitig nach Ostberlin zurückzukehren.Sein Wagen stand am Grenzübergang Friedrichstraße.Er erreichte ihn auf direktem Weg, mit dem Taxi.Der Polizeibeamte auf der westlichen Seite warf nur einen formalen Blick in seinen Diplomatenpaß, winkte Konopka durch und ging sofort in das Haus, um telefonisch seine Ausreise nebst Uhrzeit anzugeben.Max Konopka lächelte anzüglich; er würde den Aufpassern auf beiden Seiten künftig viel Arbeit abnehmen.Er durchschritt das Bauwerk, das auf der einen Seite ›Schandmauer‹ und auf der anderen ›Friedensbollwerk‹ hieß, und war wieder in der Heimat der Werktätigen, die für ein paar Mark wohnten, sich für fünf Pfennig eine Schrippe kaufen konnten, aber sieben bis zehn Mark für eine Tafel Schokolade und 48 Mark für ein Pfund Kaffee ausgeben mußten.Kein Wunder, daß die DDR-Bürger in die Intershop-Läden strömten, in denen der Marxismus-Leninismus, die klassenlose Gesellschaft, praktisch das Dogma fallenließ wie ein Freier im Bordell die Hose.Wer Verwandte im Westen hatte und dadurch Devisen, wurde zum Nutznießer des realen Sozialismus – und keineswegs die Arbeiter, denen die Betriebe gehörten, wovon sie nichts hatten, es sei denn, das ständig auf freiwilliger Basis erzwungene Übersoll.Schwarze Exkremente, grüner Auswurf, rote Scheiße, vulgarisierte Konopka.Nach fast vierzig strammen Kommunistenjahren würde aus ihm keiner mehr einen Fäkalienfeinschmecker machen, Marx adieu, Politik passe.Er brauchte sich nicht auszuweisen.Ein Vopo-Oberleutnant grüßte stramm und meldete: »Sie werden dringend erwartet, Genosse Konopka.«»Erwartet? Von wem?«»Von General Lupus«, antwortete der Offizier mit gedämpfter Stimme.»Hierher«, sagte er und öffnete die Tür zu einem Raum, über dem stand: ›Eintritt verboten‹.Als Konopka in die Gesichter Gelbrichs und Sabotkas sah, geriet sein hautiges Gesicht aus den Fugen; er fürchtete, daß er verloren hatte.»Herr Konopka«, sagte der Prolet vom Dienst mit überbetonter Anrede.»Ich habe Ihnen zu eröffnen, daß Sie verhaftet sind und …«»Verhaftet?« unterbrach ihn Konopka.»Warum?«Er hatte sich rasch wieder gefaßt.»Ab jetzt stellen wir die Fragen und nicht Sie«, versetzte Gelbrich.Sein Triumph brach auf wie ein Geschwür.»Ich möchte sofort General Lupus sprechen«, sagte Konopka.»Nicht nötig«, entgegnete Gelbrich und hielt dem Verhaßten einen Haftbefehl vor, der von Alexander Lupus unterzeichnet worden war.Er winkte drei Vopos herbei, die den Luxusgenossen abführten wie einen ganz gewöhnlichen Delinquenten.Konopka begriff, daß er den unrevidierbaren Fehler begangen hatte, ein letztes Mal in den Ostteil der zweigeteilten Stadt zurückzukehren.Die Nacht der Schakale beziehungsweise die Nächte der Ost-West-Konfrontation hatten begonnen.15Die drei Autobahnkilometer durch das Niemandsland durchrollten wir als Schweigeminute für Erwin Forbach und seinen Begleiter.Die beiden hatten das Risiko gekannt, das sie eingegangen waren, nun mußten sie es ausbaden, und das hieß: jahrelange Haft in einem DDR-Gefängnis, mit der einzigen Hoffnung, dereinst von Bonn endlich freigekauft zu werden.»Ich glaube nicht, daß die durch einen Zufallszeugen aufgeflogen sind«, sagte Renate schließlich
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