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.Unsichtbare Finger griffen wieder nach seinen Schwanzfedern.Savin war hinter ihm, war ihm so nahe wie sein eigener Schatten.Irgendwie musste Gair die Kraft finden, sich ihm zu entziehen.Die kleinste der Schwestern erschien zerklüftet und feindlich unter ihm.Zu dieser Jahreszeit war das Meer nur wenig wärmer als das Land, und dort, wo beides aufeinandertraf, herrschte Verwirrung in der Luft.Eine Möwe hätte sich jetzt einfach treiben lassen können, aber der Wanderfalke war eine Kreatur der Hochmoore, und Gair kämpfte mit den widerstreitenden Strömungen und schlug verzweifelt mit den Flügeln, um ein wenig an Höhe zu gewinnen.Sobald es ihm gelungen war, flog er über die Felsen auf die nächste Insel zu.Er spürte Savin hinter sich wie heißen Atem im Nacken.Er wusste nicht, ob es eine körperliche Verfolgung war oder ob Savin mit seinem Geist nach ihm griff, aber er wagte es nicht, zurückzublicken.Es blieb ihm nichts anderes übrig, als geradewegs auf das Kapitelhaus zuzufliegen.Hoffentlich hatte er noch genug Zeit dazu.Komm zu mir, kleiner Vogel, sang Savin.Ich weiß, wer du bist!Über der zweiten Insel gewann Gair an Höhe, aber es war schwer, einen Vorteil daraus zu ziehen.Er war nicht daran gewöhnt, so lange so schnell zu fliegen.Das hier war etwas ganz anderes als das freie Gleiten und Schweben des Feueradlers.Seine Schwingen wurden müde, aber er durfte sich keine Pause erlauben.Über dem Kanal zwischen den beiden größten Inseln gruben sich ihm plötzlich Krallen in den Rücken und stießen ihn auf die gischtumschäumten Felsen zu.Brennender Schmerz schoss ihm in den Nacken, und Federn flogen umher.Er kreischte auf, befreite sich und stieg empor.Ein anderer Wanderfalke kam nun in Sicht und schrie herausfordernd.Sofort spürte Gair einen Widerhall in dem Sang in ihm.Angst erfasste seine Eingeweide.Savin war ungeheuer stark.Der Wanderfalke schwebte auf ihn zu.Abermals bohrten sich Krallen in seinen Rücken, was ihn wieder Höhe kostete.Gair versuchte seitlich auszuweichen, doch er konnte dabei nicht rechtzeitig aufsteigen.Der steil aufstrebende Hang der Insel war zu nahe, und er pflügte mit dem Kopf voran durch den Schnee.Er rang nach Luft, als die Kälte ihm in die Federn stach, ihm die Kraft aussaugte und ihn zum Erzittern brachte.Beweg dich.Gair musste sich bewegen.Savin konnte nicht weit weg sein, auch wenn Gair ihn nirgendwo sah.Er musste sich bewegen! Da, ein Fels! Er mühte sich durch den Schnee auf ihn zu und hüpfte hinauf.Seine Federn waren feucht und verklebt.Er schüttelte sie aus, und die Schnitte an Hals und Schultern brannten.Blutrote Flecken sprenkelten den Schnee um ihn herum.Müde und erschüttert wollte Gair wieder in die Luft steigen und zurück zum Kapitelhaus fliegen.Doch sofort prallte Savin gegen ihn und stieß ihn zur Seite.Eine schwere silbrige Pfote stellte sich auf seine Brust und drückte ihn nach unten.Dahinter erhob sich das Gesicht eines Schneeleoparden.Gairs Herz raste.Wie sehr er auch trat und flatterte, er konnte sich nicht von der breiten Pfote befreien, und sein Schnabel vermochte das dicke Fell nicht zu durchdringen.Er kreischte erneut auf, als die Großkatze sich mit ihrem ganzen Gewicht auf ihn warf.Als Falke konnte er jetzt nichts mehr tun.Unter dem Druck dieser Pfote würde jede Vogelbrust früher oder später zerbrechen, als wäre sie aus gesponnenem Zucker.Gair ließ den Sang los und wechselte zurück in seine menschliche Gestalt.Die Gestalt des Schneeleoparden, dessen ebenholzfarbene Klauen in seine Haut eindrangen, brachte ihn zur Verzweiflung.Eine ausgewachsene Großkatze konnte selbst einen fliehenden Moschusochsen zur Strecke bringen … Gair kannte diese Gestalt nicht gut genug, um ihr etwas entgegenzusetzen.Er konnte gar nichts tun.Die walnussgroßen goldenen Augen wurden schmal.Der Leopard regte sich; sein silbernes Fell spannte sich über den schweren Schultern, als er eine weitere Pfote auf Gairs Brust setzte, diesmal knapp unterhalb der Kehle.Das Tier knurrte, und Gair rang nach Luft.Der Atem der Großkatze stank nach verwesendem Fleisch.»Was willst du, Savin?«, keuchte er.Dich.Der Druck auf Gairs Gedanken war viel stärker als der gegen seinen Brustkorb; er zerquetschte ihm das Hirn geradezu im Schädel und drückte ihm Tränen aus den Augen.Das.Entsetzlicher Schmerz.Savins Gegenwart blies durch ihn wie der erste eisige Wind des Winters und ließ alles verdorren, was er berührte.Gair tastete nach dem Sang und wollte einen Schild errichten, aber Savin riss ihn entzwei.Die fremde Präsenz in Gairs Kopf wurde noch stärker, erfüllte ihn ganz und presste ihn aus, so wie der Ozean den letzte Atem aus einem Ertrinkenden presste.Savin lachte düster, stieß die Hand mitten in Gairs Erinnerungen und zerrte daran.Sie kamen hervor wie Garnstränge, ein Wirrwarr aus hellen Farben: Der Geschmack des Gewürzbrotes zum Frühstück, die atemlose Stille eines Winterwaldes, die Vesperglocke über dem Geprassel des Hagels gegen eine Fensterscheibe.Savin wühlte sich nachlässig hindurch, nahm das auf, was ihn interessierte, warf das andere weg und zog immer mehr hervor, während Gairs Kopf von Bildern geflutet wurde, die sich in bizarren Zusammenstellungen übereinanderschoben.Nichts blieb unberührt, und das tat weh.Gair schrie.Jede beiläufige Schändung schmerzte stärker als ein Schwerthieb.Aus jeder alten Wunde, die wieder aufgerissen wurde, quoll neue Qual wie Eiter.Und noch immer ging es weiter.Gairs Gabe des Gestaltwandelns wurde unbarmherzig ausgeforscht.Savin trieb ihn durch die einzelnen Verwandlungen, und das so schnell hintereinander, dass Gair kaum mehr wusste, wie sich sein eigener Körper anfühlte.Dann griff Savin tiefer und erforschte jeden Augenblick, den Gair je mit Aysha verbracht hatte; er verweilte bei jedem Kuss und begutachtete ihn wie eine exotische Kuriosität.Du hegst Gefühle für sie? Für einen Krüppel?»Bitte …« O Göttin, diese Schmerzen, pochend, hämmernd … Aysha, hilf mir!Dann wurde sie beiseitegeschleudert und jeder andere Meister untersucht, dem Gair je begegnet war.Jedes Wort, das sie ausgesprochen hatten, wurde betrachtet und verworfen und jede Unterrichtsstunde nach dem durchsiebt, was Savin suchte – was auch immer das sein mochte.Alderan wurde mit gleicher Sorgfalt, allerdings viel länger behandelt.Gesprächsfetzen hallten in Gairs Kopf wider.Was hat er zu dir gesagt?, wollte Savin wissen.Was?Er drang noch tiefer, verfolgte Gairs Gedankenstränge zurück zu den Jahren im Mutterhaus und zu Gairs Kindheitssommern zwischen den Klippen und in den Buchten entlang der leahnischen Küste und schließlich zu der unschuldigen Verwunderung eines Kindes über die Farben der Welt.Zurück zum ersten verwirrten Atemzug, zum Schlaf, zur gesegneten Dunkelheit und einem Lied in der Stille über dem Rhythmus eines fernen Pulses.Wütend hielt Savin inne.Wo ist der Schlüssel? Du kannst ihn nicht vor mir verbergen, Junge!Gair vermochte keine Antwort zu geben.Sein Geist war gelähmt vor Schmerz, und sein eigenes Schluchzen machte ihn taub.Hilflos trieb er inmitten eines Durcheinanders aus zerfetzten Erinnerungen.Savin verkrallte sich immer wieder in ihn, und frische Qualen explodierten im Innern seines Schädels.Wo ist er?Gair glitt davon, trieb immer weiter weg …Du musst es wissen! Sag es mir! SAG ES MIR!… die Dunkelheit öffnete sich, zog ihn in sich hinein …SAG ES MIR!… sogar den Schmerz ließ er hinter sich.Er gehörte nun zu jemand anderem, und die fordernde Stimme verblasste fast bis zur Unhörbarkeit.Am Ende weckte ihn die lähmende Kälte; sie drang ihm in die Knochen.Seine Gliedmaßen hatten jedes Gefühl verloren, seine Muskeln waren steif und reagierten nicht mehr, allerdings brannten sie vor Schmerz.Langsam öffnete Gair die Augen.Grau.Alles war grau.Gestaltlos, farblos, so weit er sehen konnte [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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