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.Wie er sich der Phantasie nach einem weichen Frauenkörper überließ, den er als Teil eines bizarren Liebesaktes mit einem schmalen Skalpell aufschlitzte, um das fremde, warme Blut an seinem Körper zu spüren.Um nicht an seine eigenen Schmerzen denken zu müssen.Das war natürlich zu dramatisch.Larsson war wahrscheinlich ein ganz normaler Profilneurotiker, der einfach den Anschluss an das soziale Leben verpasst hatte – ganz ohne grausiges Schlüsselerlebnis oder schwere Kindheit im Hintergrund.Oder konnte es sein, dass alleine die Grausamkeiten, mit denen er täglich hautnah konfrontiert war, ihn zu einem so schwierigen Menschen hatten werden lassen? Dass sein Verhalten ein Panzer war? Ehrlinspiel glaubte es nicht – denn Larssons Kollegen waren durchweg sehr freundliche Zeitgenossen.Vielleicht konnte er sich deshalb nicht gegen seine Phantasien um das Rätsel Larsson wehren.Ab und zu genoss er sie sogar.Doch jetzt musste er sich auf die Ermittlung konzentrieren.Auf Johannes Beyer.Er öffnete eine Tafel von Freitags dunkler Schokolade.Die bitterdunkle Süße zerschmolz auf seiner Zunge.Die Verdachtsmomente gegen den Ex-Freund Elisabeths waren stark.Sicher würde Ehrlinspiel ihn zum Reden bringen, wenn er ihn statt in seiner vertrauten Umgebung in der Polizeidirektion vernahm und ihm damit seinen psychologischen Rückzugsraum verwehrte.Der Hauptkommissar stützte den Kopf auf die Hände.Fünf Minuten später schloss er sein Zimmer von außen ab.Es kratzte, als ein Eichhörnchen den rauhen Stamm des Baumes hinaufkletterte und von der fast kahlen Krone auf ihn und Monika Evers herabblickte.Er klappte den Regenschirm zu, den der Wirt ihm geliehen hatte, und drückte den Daumen fest auf die Klingel, so als könnte er mit der Kraft die Dringlichkeit seines Anliegens verstärken.»Ich übernehme ihn, Sie kümmern sich um seine Frau«, wies er Evers an.Das Summen der Klingel verhallte, nichts geschah.Auch kein Bellen war zu vernehmen.»Keiner da«, stellte die Polizeiobermeisterin fest.Über ihrer Uniform trug sie eine überdimensionierte rote Steppjacke, ihre Füße steckten in spitz zulaufenden braunen Stiefeln.Jetzt sah sie noch etwas kugeliger aus.Ehrlinspiel musste wieder an das Bild des Igels denken.»Er ist abgehauen.« Er sah die Wege entlang, doch die verloren sich in der nassen Dämmerung.Intensiver Schafgeruch hüllte sie ein.»Das wissen wir nicht.Vielleicht ist er nur einkaufen.Mit seiner Frau.«»Nie und nimmer.Die beiden sind Kampfhähne, sie gehen sich aus dem Weg.Außerdem ist es schon viel zu spät für Besorgungen.« Ehrlinspiel fluchte heimlich über sich selbst.Er hätte nicht erst zu Evers fahren und sich besprechen sollen.Beyer gleich vorläufig festnehmen, das wäre besser gewesen.»So rückständig leben wir dann auch wieder nicht.«»Was?« Verwirrt drehte er sich zu Evers, und sein Blick blieb kurz an den Ponyfransen hängen, die ihr in die Stirn fielen.»Manche Supermarktketten haben tatsächlich festgestellt, dass es auch in der Provinz Menschen gibt, die samstags einkaufen müssen.«»Großer Gott, Evers, so war das doch nicht gemeint«, fauchte er und erschrak sofort über seine eigene Heftigkeit.Evers sah zu Boden.»Ich hätte nichts sagen sollen.«»Nein, nein, ich bin bloß verärgert, weil der Kerl weg ist.Sie haben nichts falsch gemacht.«»Was tun wir jetzt?«Statt zu antworten, rief Ehrlinspiel im Gasthaus an.Johannes Beyer war nicht dort.Der Kriminalhauptkommissar ging um den Hof herum.Evers folgte ihm.Mit Taschenlampen leuchteten sie in die Fenster, doch die Zimmer waren leer und dunkel.Sie gingen zur Garage.Das Tor stand offen, innen lehnten zwei einsame Fahrräder neben einer Schubkarre.Das Auto fehlte.»Die Tiere!« Evers berührte Ehrlinspiel an der Schulter.»Hören Sie doch!«Lautes Blöken drang aus dem Stall.»Ich höre nichts Ungewöhnliches«, erwiderte er.Evers rannte über den Hof und riss die Stalltür auf.»Die Raufen sind leer.Deswegen schreien die so.«Ein langgestrecktes Muhen brach durch das Rufen der Schafe.Evers schaltete das Neonlicht ein, lief ein paar Schritte und blieb abrupt vor der ersten Box stehen.»Scheiße!« Sie warf ihre Jacke auf den Boden.»Los, helfen Sie mir!«Jetzt sah es auch Ehrlinspiel: Zwischen den Hinterbeinen einer liegenden Kuh hingen zwei Beine und ein mit Schleim überzogener Kopf heraus.Die Augen des Muttertiers waren weit aufgerissen.»Verdammt, Evers.Lassen Sie doch das Vieh.Wir sind hinter einem Mörder her.Und der geht uns womöglich durch die Lappen!«»Es steckt fest.« Evers kniete bereits und band zwei Stricke um die kleinen Beine.»Sie schafft es nicht alleine.Ich nehme ein Bein, Sie das andere.Und nur daran ziehen, wenn ich es sage.Ganz sanft.Und immer gleichzeitig mit mir.«»Wir haben jetzt keine Zeit für so etwas.«»Hören Sie«, fauchte die junge Frau, »es stirbt sonst, samt dem Muttertier.Also machen Sie schon!«Ehrlinspiel schluckte.»Nein! Und Sie kommen mit mir mit.Wir suchen Beyer!« Er fühlte sich wie ein Verräter am Leben.»Bitte!« Sie sah zu ihm hoch, und ihre Stimme schlug in einen flehenden Ton um.Er starrte auf die Szene.Er konnte Evers verstehen.Aber er war Bulle.Keine Hebamme.Erneut rief er in der Heugabel an und instruierte Willi, sofort zwei Männer zu schicken.Nur wenige Minuten später waren sie da, der kleine Walter und ein zweiter Helfer, packten wortlos an, und Ehrlinspiel trat mit Evers vor den Stall.Betreten sah sie ihn an.»Ich liebe Tiere.«»Ich auch.« Ernst erwiderte er ihren Blick.»Sie hatten recht.Hier stimmt etwas nicht.Der Beyer liebt seine Tiere, der würde sie nie hungern und erst recht keine kalbende Kuh alleinelassen.« Aber seine schwangere Frau, die hätte er schon alleinegelassen, dachte Ehrlinspiel, sagte aber nichts.»Vielleicht ist ihm etwas passiert?« Evers war verdreckt, der Regen verbesserte ihr Aussehen kaum.Ihre Uniform würde schleunigst in die Reinigung müssen.»Getürmt ist er.« Johannes Beyer drohten ein Mordprozess und eine lange Freiheitsstrafe.Unter dem Aspekt wären selbst ihm hungernde Schafe und eine kalbende Kuh garantiert egal.»Was schlagen Sie vor?« Sie schob sich eine nasse Haarsträhne aus dem Auge.»Wir schreiben ihn zur Aufenthaltsermittlung und Gewahrsamnahme im Fahndungssystem aus.«»Und wenn er unschuldig ist und nur die Selbstjustiz des Dorfes fürchtet? Weil jeder denkt, er sei der Mörder?«»Selbstjustiz?«»Provinz.« Zum ersten Mal sah Ehrlinspiel ein offenes Lachen in ihrem runden Gesicht.Es stand ihr gut.»Wir suchen ihn.Sie gehen zum Posten und lassen auch seinen Wagen ausschreiben.Außerdem –«»Das mit dem Auto können wir uns sparen.« Neben ihnen hielt der Pick-up.Margarete Beyer stieg aus, grüßte und öffnete die Heckklappe.»Besuch bei meinem Mann?« Kläffend sprangen die drei Hunde von der Ladefläche.»Leider ist er nicht hier.Wissen Sie, wo er ist?« Ehrlinspiel wehrte eine triefende Hundeschnauze ab.»Aus, Tommy.« Margarete pfiff die Hunde zurück und antwortete gleichgültig: »In der Kneipe, nehme ich an.«»Nein.« Ehrlinspiel sah sie an.Unter ihrem Auge prangte ein dunkelroter Fleck.»Sind Sie gefallen?«Wortlos schlug sie die Heckklappe zu.»Darf ich fragen, wo Sie waren?«, wechselte er das Thema.»Ich bin herumgefahren.« Sie hielt seinem Blick stand.»Wo?« Er hielt den Regenschirm über die schwangere Frau.»In der Gegend.Ich habe niemanden besucht und war alleine.«Ehrlinspiel betrachtete sie skeptisch.»Ihr Mann hat die Tiere nicht versorgt.Kommt das öfter vor?«Zynisch verzog sie den Mund.»Nein.Für die ist er immer da.«»Wann ist er fort?«»Kurz nach Ihnen, heute Morgen.Gegen zehn.«»Frau Beyer, dürften wir einen Blick in das Haus werfen?«, übernahm Evers das Gespräch.»Wozu?«»Möglicherweise ist er nicht freiwillig gegangen, und ihm ist etwas zugestoßen.Wir würden gern sehen, ob er etwas mitgenommen hat
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